ein "Seiten Projekt" von & mit

Thomas Bloch

Rolf Dieter Brinkmann

Westwärts 1&2

(Arbeitstitel)

Warum dachte ich dauernd an den Tod als ich diese Gesellschaft sah?

Die Gesellschaft war das Stück Brachland.

Eine Schrift herum

Dahinten wohnt der Tod in den Knochen.

Und sogar

diese schäbige Gegend

erschien beim Anblick wie eine Erinnerung, die ich

nie besessen habe, eine Farbtönung, die

ich nicht kannte, um heimzukehren.

WENdY ist ein tolles, nein, ist das tollste Wu-Sikel wunderschön langsam, zart verständlich und grenzenlos aussichtslos, voller Temperament,Temperatur und TAnz und Würde und Wünschen und Waschmittel (WAsChMittel?) und Hürden, da gibt es Kontrolleure die aus der Kälte hätten kommen …

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auch sehr kühl

Der ChEf

von Stig Larsson

Martin Fendrich (der beste Imitator der Welt insbesondere der besteImitator von Manni Böll - aber egal nicht ein "Original" hat eine Chance gegen ihn -!!!!) hat's in Nachtarbeit - klar :mit den "Kollegen" (glückliche und unglückliche) -in den Keller geschaufelt und wer hätte da nicht gerne mit angepackt…

echtes UnterGrundTheater

dieser Martin sollte, wie etliche andere auch, unbedingt lesen

:Ditmar Dath

Sie ist Wach.

Implex Vlg. 2003

ISBN 3-937148-00-0

aber wenn wir schon dabei sind:

SAMUEL FULLER

A THIRD FACE

Knopf 2002

gehört unbedingt auf den Gabentisch

Ganz unten warten Texte von Eilert alias Alexej Schipenko

Das war:

lange her und unvergessen

deutsches Stadttheater machte es möglich

die absolute LUXUS- Produktion

33.Kapitel

(aus: Don Quixote von Miguel de Cervantes )

mit

dem unglücklichenLucas Gregorowicz

(all of us getting our licks…)

dem auchirgendwieunglücklichenManuel Bürgin, der dannwohlebenfallsunglücklichenNele Rosetz, der nichtminderunglücklichenJulie Bräuning, dem beinahganzunglücklichenFranzXaver Zach, dem nahezuunglücklichenMarcus Kiepe

es gab nur eine einzige Vorstellung!

von

Alexej Schipenko's

angeblich bestem Stück

über Verlierer

(Axel-Schulz-Gesellschaft -leben heißt verlieren lernen)

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dann aber

Die Marquise von O.

Schauspiel

von

Ferdinand Bruckner

mit

Dörte Lyssewski

Marquise von O

der gesunde:Lucas Gregorowicz

Der Hauptmann

Hans Diehl

Der Vater

Margit Carstensen

Die Mutter

Mathias Horn

Der Andere Mann

Regie: Ernst Stötzner

Bühne: Petra Korink

Musik: Thomas Bloch

Köstüme: Beatrice von Bomhard


Schauspielhaus Bochum
Kammerspiele

denn :JEDES ZIMMER IST DAS LAND

ein Stück über deutschen Fundamentalismus

nicht superalltäglich

Heiner Goebbels in Bochum:

am 18/19. September "Fanfare", im Schauspielhaus

Der Umgang mit Frauen ist das Element guter Sitten. Aus Ottiliens Tagebuch

"

"coming soon"

d.h. Januar 2004

Die Wahlverwandtschaften

nach Goethe

Luciane war kaum aus der Pension

in die große Welt getreten, hatte kaum in dem Hause ihrer Tante

sich von zahlreicher Gesellschaft umgeben gesehen, als ihr Gefallenwollen wirklich

Gefallen erregte, und ein junger, sehr reicher Mann gar bald eine heftige Neigung empfand,

sie zu besitzen. Sein ansehnliches Vermögen gab ihm

ein Recht, das Beste jeder Art sein eigen zu nennen, und es schien ihm nichts weiter

abzugen als eine vollkommene Frau, um die ihn die Welt

so wie um das übrige zu beneiden hätte

dann ist noch in Vorbereitung:

"Nietzsche Trilogie"

von Einar Schleef

spielen

werden

Margit Carstensen

Dörte Lyssewski

und

Ernst Stötzner

Auch Arbeiten wir (contemporaryhousehold)an einer Bühnenfassung der Valis Trilogie von Philip K. Dick

und an

Marcus Aurelius

The Emperor's Handbook

bzw.

Wege Zu Sich Selbst

So peitschte Luciane den Lebensrausch im geselligen Strudel immer vor sich her
Das ist die Aufführung die weder Peter Iden noch meiner Schwester gefallen hat und die sich dennoch einiger Beliebtheit beim Publikum und der Kritik erfreuen darf…

today I would leave it just as it is.

The pocket comb -"Dirty as a comb" the French say,

yet not so dirty, surely not in the spirital sense

some intuit, the razor,lying at an angle

to the erect toothbrush, like an alligator stalking

a bayadere, the singular effect of all things

being themselves, that is stark mad

jetzt aber

(bzw. ab

Oktober wieder!!)

Hedda Gabler

von

Henrik Ibsen

Hedda Gabler

Dörte Lyssewski

Jörgen Tesman

Felix Vörtler

Juliane Tesmann

Irm Hermann

Frau Elvsted

Diane Greenwood

Richter Brack

Martin Horn

Eilert Lövborg(siehe unten und ganz unten)

Alexej Schipenko

Berte

Anneliese Hackert

Regie: Ernst Stötzner

Bühne: Petra Korink

Musik: Thomas Bloch

Köstüme: Beatrice von Bomhard

Premiere war am 1. März 2003

Løvborg

live

in concert

unlängst in Münster

19:30 Uhr

Kammerspiele

Schauspielhaus

Bochum

ab Oktober wieder

Zitate

hier von Helmut Willke

Atopia

Dystopia

beide bei Surkamp StW

"…seit dem die Verbindung zweierPersonen zur Ehe nicht mehr auf einigermaßen verlässlichen sozialen Regeln der Passung gründet, kontrolliert von Eltern oder "match-makers", sondern auf der romantischen Idee passonierter Liebe. Nun können die Beteiligten nicht mehr wissen, was auf sie zukommt. Sie müssen einem Gefühl folgen, von dem sie wissen können, dass es sie blind macht und ihnen den Verstand raubt, also genau die Invisibilisierung leistet, die davor schützt, zu sehen, dass man nicht weiß, was man tut und worauf man sich einläßt. Mit der Entscheidung zur Ehe binden sich zwei Personen zumindest mittelfristig - und oft auf lange Sicht - zu einem gemeinsamen Leben, obwohl sie über den je anderen noch weniger wissen können als über sich selbst. Für den Zweck der Ehe wird die kompakte Ignoranz, mit der sich Menschen als Individuen gegenüberstehen, durch eine raffinierte Mischung von Versprechen und Fatalismen so durchsetzt, dass nicht mehr ohne weiteres erkennbar ist, wie weit die Wüsten des Nichtwissens reichen und ob demgegenüber die kargen Oasen gemeinsamer Erfahrung ins Gewicht fallen können. Selbst noch während der frühen Phasen der Ehe müssen ernsthaftere oder grundsätzliche Dissense ausgeklammert werden, um überhaupt und wenigstens Verständigung als Strategie durchhalten zu können.

Die Lage ist so verzweifelt, dass soziale Konstruktionen eingreifen müssen, um die unhaltbare Kontingenz möglicher Gewissheiten und notwendiger Irrtümer abzufedern.

Regelmäßige Kriege, Kriesen und Krankheiten schaffen Situationen, die noch schlimmer sind als die Unwägbarkeiten der Ehe und lassen diese im Vergleich noch harmlos aussehen. Für den Mann übernimmt für knapp zwei Jahrhunderte trotz und wegen der Sugestion romantischer Liebe der Beruf die Rolle einer externen Sicherheit gegenüber den Risiken und Gefahren der Ehe, für die Frau der Haushalt und die Sorge um die Kinder. (Gut dokumentierte Fallstudien reichen von Thomas Jefferson über Thomas Mann, bis Willy Brandt.) Insofern diese Vereinfachungen heute nicht mehr gelten und beide beides, Beruf und HAushalt, vereinbaren müssen, zudem Kriege selten, Krisen vorhersehbar und die meisten Krankheiten heilbar sind, scheint die Grenze der Belastbarkeit der Institution der Ehe durch Nichtwissen, Kontingenz und Systemrisiken erreicht zu sein. Tatsächlich deuten viele Anzeichen darauf hin, dass nach und nach die Ehe von einer Vielzahl von Alternativen, Probeformen, temporären Arrangements etc. abgelöst wird, in denen das nicht mehr handhabbare kompakte Nichtwissen über sich selbst, die andere Person und das Zusammenspiel beider durch Dekomponierung in überschaubare Felder getrennten Nichtwissens aufgelöst wird. Die Dekomponierung vollzieht sich durch die Entfaltung des gemeinsamen( und nach der Idee der romantischen Liebe möglichst einheitlichen) Erlebens und Handelns in zeitlich, sozial und funktional differenzierten Arenen, die eine Arbitrage und Risikodiversifikation zwischen unterschiedlichen Konstellationen und Situationen erlaubt. Diese schaffen einerseits durch ihre eigenen Regelsysteme Sicherheit - etwa die Routinen des Fitness-Studios oder die Rituale von Auszeiten durch getrennte Freundeskreise oder die Rhythmen alternierender Zuständigkeiten für verschiedene Bereiche - und sie entlasten andererseits von überzogenen Erwartungen an Gemeinsamkeiten angesichts bleibender Ungewissheiten über das Innenleben jeder Person."

T
19:30 Uhr

Warten auf Godot.

l
// In der Tragödie geht es nicht um menschliche Gerechtigkeit. Tragödie ist die Darstellung einer Sühne, aber nicht der armseligen Sühne für eine kodifizierte Verletzung einer lokalen Einrichtung, geschaffen von Schurken für Narren. Die tragische Figur repäsentiert die Sühne der Ursünde, seiner und seiner socii malorum ursprünglichen und ewigen Sünde, der Sünde, geboren zu sein.
Pues el delito mayor
Del hombre es haber nacido.
(Denn die größte Schuld des Menschen/ Ist daß er geboren ward./ Caldéron, La vida es sueno)

Wladimir : Einer von den Schächern wurde erlöst. Pause. Das ist ein guter Prozentsatz. Pause. Gogo…
Estragon: Was?
Wladimir: Wenn wir beide es bereuen würden?
Estragon: Was
Wladimir: Nun ja… Wir brauchen ja nicht ins Detail zu gehen.
Estragon: Das wir geboren wurden.

Samuel Beckett

// Ich finde es merkwürdig, daß man diejenigen, denen die Gabe des Gebetes zu eigen ist, nicht beneidet, während man voll Neid auf den Reichtum und den äußeren Erfolg der anderen schaut. Man findet sich mit dem Heil des anderen ab, nicht aber mit dessen Wohlstand. E.M.Cioran, Cahiers //

Text aus

Samuel Beckett

Proust

Essay

Ejlert ( der eitle) Løvborg: Die Kunst der Zukunft
Aus: „Die Osloer Notizen des Ejlert Løvborg“, übertragen von Alexej Schipenko


Der vorliegende Text ist ein Fragment. Es handelt sich um Auszüge aus den Notizbüchern
des Ejlert Løvborg. Das ursprüngliche Manuskript - es existiert keine Abschrift - ist verloren
gegangen. Wiederhergestellt werden konnte es nur in der, hier einzusehenden Unvollständigkeit.
Die Interpunktion und Bezifferung einzelner Abschnitte wurden aus dem Original übernommen.
Jørgen Tesman & Dorothea Elvsted
(LWV II, pag. 3a – 11, Maschinenschrift, Blatt 3, 5, 7 – 13, dat. vor 1890)


DIE KUNST DER ZUKUNFT

ist die künftige Kunst, sowohl Zukunft als Kunst zu vermeiden.
(...)

3. In Ansehung der Geschichte künstlerischer Prinzipien beeindruckt die "Kunst der Zukunft" als Hyperoptimiertes Sofa, ein behagliches Plätzchen, das zum Verweilen einlädt - die Welt bezieht einen adretten, heimeligen Salon, warum sollte die Kunst ihr nicht folgen und teilnehmen an ihrer Migration in den milden Südosten des niveauvollen Standorts, in Wärme und Wonne. Analog zur Tendenz. Wiewohl es nicht zu empfehlen ist, diese Entwicklung als einzig erwägenswerte Möglichkeit zu betrachten, da der Mythos als solcher abreißen könnte, noch bevor es ihm glücken wird, sich zu erzählen. Und obzwar es unstatthaft ist, den "Tag und die Stunde" zu kennen, so ist doch jeder Bürger, der genug Sehkraft besitzt in der Lage, nach dem Schafott in der Ferne zu äugen.

(...)

5. Die Kunst stirbt nicht und befindet sich in keiner Krise. Sie gestaltet sich um, ändert buchstäblich "ihre Gestalt". Diese Umgestaltung, ein "Wandel zum Besseren" beugt sich keiner zensierenden Kategorie und vollzieht sich ohne Bewertung.

6. Die Kunst der Zukunft ist ein Totales Entkommen aus allem und mit allen Mitteln, eine Verneinung jeder gemeinsamen Realität infolge der Erschaffung privater Wirklichkeit.

7. Die vier akzentuierten Begriffe (die Kunst, die Zukunft, das hyperoptimierte Sofa und das Totale Entkommen) bedürfen des Kommentars. Wie man das Wort Kunst heute zu verstehen hat, zum Beispiel, ist absolut unklar, und an einer grundlegenden Definition besteht überhaupt kein Interesse. Die Welt, sich den Kriterien versagend, als käme sie ohne Maßstäbe aus, steuert unbeirrt in die Scharlatanerie.

8. Um sich Kriterien gestatten zu können, sollte man Mühen hinter sich haben und überdies glauben. Natürlich ist kein einziger Mehrzeller geneigt, sich freiwillig zu mühen, was durchaus verständlich und in gewissem Grade sogar entschuldbar ist, denn glauben will niemand, gleich dem Gefallenen Engel, dem Verursacher diesen gesamten Klamauks (mit Klamauk umschreibe ich den Anbruch der Zeit). Glauben ist schwer und, was Mißmut hervorruft, gefährlich. Denn der Glaube vernichtet die Welt.

9. Wenn der Mensch glaubt, ist er ruhig und wehrlos. Er ist tot für die Welt. Er ist ihr Leichnam. Er starb aus der Welt, ist eindeutig verstorben und ausdrücklich "aus" ihr, und nicht eingegangen "in" sie. Er ist dahin, hat die Tür hinter sich zugezogen und kommt nie mehr zurück.

(...)

12. Die Abwesenheit des Glaubens bringt den Verlust der Kriterien mit sich, seine Anwesenheit aber vernichtet die Kunst. Denn der "Glaubende Mensch" hat es nicht nötig, die Welt zu gestalten, die schon vor ihm und für ihn gestaltet wurde als Welt, in welcher der glaubende Mensch sich nur einfach befindet.

13. Der Mensch ohne Glauben jedoch, der sogenannt "Zweifelnde Mensch" benötigt den Nebel, den Schwund der Kriterien, das verblassende Weltbild, die "Kunst", denn gegen die gemeinhin verbreitete Ansicht, entbehrt sein Zweifel der Suche. Wie ein hellwaches Kind aus dem Dunkel in das Elternschlafzimmer entkommt, entkommt der Mensch ohne Glauben einfach nur in den Zweifel.

(...)

15. Der zweifelnde Mensch sieht sich gezwungen, entweder den Verlust der Kriterien zu rechtfertigen oder sein Zweifeln zu enden, was ihm Sterben bedeutet. Denn der Glaube vernichtet nicht nur die Welt, sondern auch jenen, der in ihr lebt.

16. Sich den eigenen Tod zu wünschen, heißt den Tod abonnieren. Und die Einflußnahme von Wunsch und Gedanke auf die Werdung des physikalischen Geschehens schuf die Geschichte der Menschheit. Und was immer wir halten von dieser Geschichte, Wunsch und Gedanke werden sie auch annullieren. Wir begehren den Tod, das ist es, wir dürsten und laden ihn ein. Als "Widrige Offenbarung". Wir, mit anderen Worten, die westliche Zivilisation, fürchten uns vor dem Leben und schrecken zurück vor dem Sterben. So harren wir aus, erstarrt vor dem Rätsel des Seins, wie gegossen in Erz, schon seit mehreren Tausend Jahren. Wir sterben passiv.

17. Das aktive Sterben ist nicht übertragbar, es birgt immer den eigenen Tod, den persönlichen Absturz in seine Mitte. Das Leben als permanenten Vernichtungsakt desselben zu leben jedoch, rührt aus eben jener schreckhaften Erstarrung beim Anblick des Sein, die das passive Sterben erweckt; in Direktion Selbstzerstörung ist der Speisewagen des Schnellzug 24 Stunden geöffnet; Trinkbares, Suchtmittel, Frauen und Zweifel werden bevorzugt und mit Vergnügen serviert. Das Aktiv im passiven Sterben.

(...)

19. Der zweifelnde Mensch wählt die Demontage der stofflichen Welt sowie die entsprechende Falsifikation ihrer Gestaltung, das heißt die Kunst, nach seinem Willen, und beraubt sich so jeder Aussicht auf jede Erkenntnis.

(...)

23. All das, was wir schöpfen und schreiben, kann man prompt auf die Müllhalde schaffen, und zwar vor der Verwertung. Die Kunst der Zukunft ist lediglich und vor allem ein Therapeutikum für seinen Schöpfer. Er krankt - deswegen schöpft er.

(...)

27. Das zukünftig Kommende wird auch in Zukunft nicht kommen.

28. Dem Begriff "Zukunft" wohnt sowohl das "morgen" inne, als auch eine uns endlos fernliegende Zeit, womit sich das hier erörterte Subjekt der Forschung eine Spur kompliziert. Andererseits kann ich mich nicht enthalten, anzumerken, dass die kulturellen Tendenzen der nächsten Jahrzehnte voraussehbar sind, auch wenn sie korrigiert werden können durch Kriege; beides allerdings interessiert mich nicht sonderlich. Die Bildende Kunst, die Musik und Literatur bewegen sich - das Weltbild abtragend - fortgesetzt in Richtung Abstraktion, sowohl inhaltlich als formal; es droht die Zeit grassierender Depression, gestützt auf der Menschen Einsicht in ihr eigenes Ich und das Universum. Im Wechsel werden die Theorien und Konzepte aufeinander folgen, doch nichts zu bieten haben, als virtuose Bravourleistungen auf technologischer und Verzweiflung auf geistiger Ebene. Die Welt wird realistischer werden, aber nicht real, sie wird aufgehen in Zynismus und Dekadenz, nur wird die Seele nicht brennen, nicht stürmen und drängen, nach keinen Taten verlangen, unbeweglich und schwer wird sie sein, wie der Körper Opheliens am Grund des Tümpels in Helsingoer. Trost wird sie suchen wollen im Alltäglichen, in gefälliger Kurzweil gewohnten Brauchtums und am häuslichen Herd, doch in der Ewigkeit schweifen wird sie nicht mehr; kreisen wird sie, wie im Wahn, in der Küche, die schlammtrübe Ophelia, um den Kindchen und Hamlet ihren Fraß anzurichten. Die Sicht auf den Menschen wird extrem simplifiziert. Und die Schöpfung als Quelle zur Erkenntnis stirbt aus, wie ein Diplodocus vor Anbruch der Kreidezeit. Unnötig, die Gesetze der menschlichen Bauart und Perspektiven zu beleuchten, sie wurden längst definiert, auch gibt es keine Zensur mehr, keine politische, keine religiöse, keine ethische. Eine Morast demokratischer Jauche! Ejlert, beruhige dich,

29. die entferntere Zukunft gilt dir viel mehr. Die Kunst der Zukunft ist die künftige Kunst, sowohl Zukunft als Kunst zu vermeiden. Das ist, was dich beschäftigt, was dich in den Bann dieses Schafotts in der Ferne zieht. Strenggenommen willst du keine Kunst mehr erfahren, du lehnst sie einfach ab, und träumst ganz persönlich davon, ihr schlicht zu entkommen, weshalb du der Zukunft ein Schicksal aufdrängst, das sich mit deiner Vorstellungskraft deckt. Du bist ein Versager, der sich wünscht, dass sein Scheitern ansteckend wirkt, auf alle Anderen, sogar auf Gott. Ja, das ist möglich. Aber ich bin nicht allein, ich bin genauso wie Ihr, entkommend entschlüpfe ich der Krippe der Kriterien, dorthin, in die Zukunft, vor der ich tödliche Angst habe - im selben Maße wie Ihr.

30. Die Angst vor dem Tod. Sie ist es, die der Kultur des nächsten und letzten Jahrhunderts den Weg weisen wird, die Angst vor dem Verlust des ungeteilten, eigenen Ichs, vor diesem endgültigen Verlust auf sehr lange Dauer. Die Annahme der Todesangst bedeutet die Ablehnung Gottes.

31. Die unbestimmte Triebkraft, als Messianist aufzufallen, hat ja nun jeder auf Lager, der heute lebt. Dennoch, die Erlösung, nach welcher wir dürsten - sie kommt. In welcher Eigenschaft, das ist, was wir wirklich nicht wissen. Als Feuer oder als Wasser; nach Art des himmlischen Jerusalems oder des Infernos; entfacht von Ihm oder entzündet von uns ganz allein.

(...)

34. Die Todesangst placiert uns auf dem Hyperoptimierten Sofa und empfiehlt uns dekorative Technologien, genauer, sie legt uns nahe, die Kunst nicht zu stören, mit anderen Worten, sie rät zur "Kunst der Totenbahre". Denn der tote Mensch ist still und leise und stört nicht. Man kann sogar den Anschein erwecken, er existierte erst gar nicht, so als wäre er uns nie begegnet. Die Fähigkeit, zu vergessen ist die Selbstverteidigungswaffe der Psyche, sie erlaubt die Überführung gemeinsamer Realität in die private Wirklichkeit. Vor allem gemahnt der Verstorbene die Lebenden an ihre Tod-Tauglichkeit, dass er selbst nicht mehr lebt, bleibt dabei sekundär.

35. "Die Kunst der Totenbahre" folgt unmittelbar der "Kunst der Träume", die sich ihrerseits in verschiedene Gattungen gabelt, welche in ihrer Charakteristik hauptsächlich in Beziehung stehen mit dem Austritt aus der herkömmlich menschlichen Realität und mit dem Entkommen ins Transzendentale.

36. Die Rolle von Suchtmitteln, sprich Drogen (Morphium, Opium, Delaudid, Alkohol, Speed, Peyote, Kokain, Procain, Nikotin, Kanabis, MDMA, Crack, LSD, Belladonna, Meskalin, Banniesteria Caapi, Heroin, Psylocibine...) im Prozess der Erschaffung und Verwertung eines Kunstwerks steigert sich ununterbrochen. Das Wort Verwertung wähle ich nicht zufällig, denn die Wahrnehmung der Kunst als spiritueller Akt, pflegt abzuweichen in die teilnehmenden Mittäterschaft am netten Abendmahl, auf dem es manchmal zufällig passiert, dass Gott verraten wird.

(...)

45. Das Totale Entkommen wird sich, nach von uns nicht bestimmbarer Zeit umbilden in eine 'Totale Ankunft', wobei unklar sein wird, ob es sich um eine Rückkehr, einen Aufbruch, einen Verlust oder einen Volltreffer handelt.

46. Aber die wahrhaftige Hauptrolle in der Kunst der Zukunft spielt

DAS GELD

und alle mit diesem Gegenstand verschmolzenen Konsequenzen. Die existentielle Chantage, die das kalte Metall dem warmblütigen Menschen zuteil werden lässt, zerrt die Kunst am Gängelband auf den Markt, will heißen auf den Strich. Und zum Produkt geworden verliert die Kunst ihre Unabhängigkeit, obzwar sie nach ihrer Natur weder Sklave noch Lüge sein kann, denn Kunst ist Entblößung der Wahrheit durch Freiheit.

47. Wahrlich, wie soll der Künstler die Versuchung eines monatlichen Einkommens abwehren, wenn ein Überleben anderer Fasson unmöglich wird, und die Verleihung des Einkommens ein Privileg des Staates ist, der auf diese Weise Kontrolle über die Kunst ausübt?!

48. Schließlich beginnt der Künstler, sich zu demütigen. Vor dem Brotgeber (dem Staat), vor dem Hausbesitzer, vor dem Publikum... Und auch wenn sein monatliches Einkommen ausbleibt, wird er nicht mehr aufhören, zu Kreuze kriechen. Diese und jene machen auf diese Weise sogar ihren Schnitt, was gewissermaßen bedeutet, dass sie bereits genug verdient haben und nun beginnen, ihrerseits die Verbleibenden zu demütigen. Von solchen bin ich zweifelsfrei weit entfernt, ich versuche nur, ein Aushalten zu praktizieren.

(...)

50. Die Kunst der Zukunft ist die "Kunst, auszuhalten", und das unter Bedingungen, die ein über alle noch vorhandenen, menschlichen Formen der Verständigung siegender Markt bestimmt. Diese Kunst, eine Strategie sein Entgelt zu beziehen, weist daher kein "unweltliches" Anliegen mehr auf, zumal die Rolle des "Künstlers als Prophet" für lächerlich befunden und auf das gestrige Eis gelegt wird, so wie die Nordpolexpedition des Amunsen.


51. Es ist das Geld, das die ausgeklügeltste Form subtilster Zensur erzeugen wird, genaugenommen, die Selbstzensur als Mimikry, unscheinbar und unkenntlich. Der Künstler wird sich entschließen, seine Arbeit unter Berücksichtigung respektive zugunsten der ungenau artikulierten Nachfrage des Marktes zu korrigieren - und der so entstandene, unausgesprochene Vertrag wird das Hauptübel künftiger enthalten. Der, auf die Künstler ausgeübte Druck, wird nicht mehr personifiziert, denn der Feind oder Zensor verkörpert sich weder in einem Amtsträger noch in einem politischen System, sondern er versteckt sich im Künstler, als Krebszelle im eigenen Fleisch, von wo aus er das Wesen des Künstlers zerstört. Der Zensor der künftigen Zeiten ist unsichtbar und deshalb - unbesiegbar.

52. Die Kunst der Zukunft wird Methoden des "Untergrabens" oder des "Trotzbietens" ausbrüten. So werden "Helden" auftreten, deren Wirken sich mit dem Markt nicht verbündet, weshalb sie - bar der öffentlichen Resonanz - vereinsamen, da sie keine Gelegenheit erhalten, mit der Gesellschaft zu kommunizieren. Ihr Wirken wird dämmern, denn das Werkzeug zur Einflußnahme auf das Denkvermögen der Massen, wird gut zu handhaben sein, und zwar von "Geschäftsleuten", deren oberste Priorität die Kontrolle über die Verwertung der Ware sein wird - der Ware alias "Kunst". Und auch wenn ich das Verb sein vorwiegend im Futur verwende, ist die hier von mir geschilderte Entwicklung längst in Kraft getreten.

53. Die "Untergräber" - die nicht lange durchhalten können - werden gezwungen sein, sich zu retten. Dazu in Betracht kommt nur Flucht. Denn die offizielle Kunst des Totalen Entkommens wird der Kunst des "Untergrabens" den Gegner nehmen und die Sinnlosigkeit des künstlerischen Schaffens darbieten. So wird die Quantität der Suizide von Literaten, bildenden Künstlern und Musikern übergehen in die Qualität ihres Schicksals, ergo ihr "Todesurteil" besiegeln.

54. Selbstmordfälle unter Kritikern beziehungsweise unter "Kunst-Maklern" wird es überhaupt nicht geben. Im Gegenteil, der Erfolg ihres Berufs resultiert vielmehr aus dem Leichenbestand im Gefilde der Kunst. Die Kritik wird Macht erobern über die sterblichen Objekte ihrer Aufmerksamkeit, sich diese Macht sichern und sie - sich selbiger völlig bewußt - als ihr Eigentum konservieren. Der Vermittler und Makler ist der eigentliche Puppenspieler der Kunstgeschichte; das Rüstzeug Berechnung und Budenzauber zur Belehrung der Massen einsetzend, agiert er auf dem Jahrmarkt.

(...)

57. Der Vermittler erscheint in der Lücke, dort wo er sich einbürgern kann, auf der Strecke zwischen Wunsch und Erfüllung, zwischen Ware und Konsument. Gleichwohl rührt die Kunst genau aus dieser Lücke, sie ist der Zwischenraum, Bemühung, Erreichen, transzendente Verbindung, ein Mittler zwischen Umwelt und Mensch. Mit anderen Worten, die Kritik bemächtigt sich der Rolle des Vermittlers und bemächtigt sich ebenfalls und auf paradoxe Weise der Kunst. Der Kritiker als Mittelsmann verwandelt sich gleichzeitig in den Künstler sowie in das Publikum, und darüber hinaus - wie unglaublich es auch klingen mag - in das Subjekt der Kunst einschließlich seiner Substanz.

58. Und diese Schmarotzer ließen Atlantis versinken und ganze Zivilisationen einstürzen, und all das - noch die Trümmer besetzend - kraft ihres Zugriffs auf das Blut und den Leib des Einen, der die Lasten erträgt.

(...)

63. Weiblichkeit schwindet. Ersatz bietet die geschlechtliche Klassifizierung. Frauen, die diese Bewandtnis erkennen, werden von ihr profitieren und mit dem Absatzmarkt Fühlung aufnehmen. Die Prostitution auf allen Gesellschaftsebenen wird zum Standard des verbalen Transfers und zum Zahlungsmittel, wobei sie sinnvollerweise vielmehr den Männern dazu verhilft, groß heraus und nach oben zu kommen. Die physischen Gegensätze der Geschlechter werden egalisiert, die Frau wird zur unentbehrlichsten Spezies des verwertbaren Verwerters unter den disponiblen Verbrauchern, und die Emanzipation wird das unentbehrlichste Argument im Eifer, die entgegenkommenden Damen zum Konsum zu ermuntern und so den Markt zu erhalten. Aus dem, den Frauen entgegengebrachten Schamgefühl und den Skrupeln der Männer für ihr Verlangen, die Frau besitzen zu wollen, mutiert die Welt, in Konsequenz solch demokratischer Denkart in eine FRAU. Und nicht in dieHeilige Sophia, nicht in die griechische Hagia Sophia, die Göttliche Weisheit, sondern in die Babylonische Hure aus dem Evangelium des Apostels Johannes.

(...)

70. Die Kunst der Zukunft - das ist eine unheimliche Wendung. Besser wäre es, sie unter den Menschen erst gar nicht in Umlauf zu bringen (...). In meiner Kindheit, als kleiner norwegischer Junge, der aufwuchs an der Peripherie einer übrigen Welt und der anderen Sprachen, kannte ich weder die Zukunft noch Kunst. Die Welt schien einfach und lebte "jetzt", sie entwuchs in kein "wird" und wurzelte auch nicht im "war", das 19. Jahrhundert kam kaum bis zum Mittag und... Heute, erwachsen geworden, bin ich ein Bewohner des Zentrums und ein Mensch vielfältiger Sprachen, doch wie damals und immer (...) lebe ich in (...) und sterbe im (...)

Aus: Jørgen Tesman, Dorothea Elvsted (Hg.): Die Osloer Notizbücher des Ejlert Løvborg, Edition Rina, Begen 1902; Ergänzt um Passagen aus dem Nationalarchiv der Osloer Uniersitätsbibliothek, Abteilung Schriften bis 1890, Løvborg –Archiv, (LWV II, pag. 11 - 13b, Maschinenschrift, Blatt 13, 17, 21 – 25)
Übersetzung der Abschrift des Alexej Schipenko aus dem Russischen: Anna Langhoff